„Wir müssen das weltoffene Sachsen zeigen!“ – angeregte und ermutigende Gespräche beim Unternehmerfrühstück
Termin: 11. August 2022 | Johanna am Neumarkt | Dresden
Erstmals lud der WWS unter dem Format „Mitglieder live“ zu einem Frühstück ein: Sylvia Pfefferkorn und Katrin Fischer aus dem Vorstand begrüßten am 11. August in „Johannas grünem Salon“ am Dresdner Neu-markt Unternehmerinnen und Unternehmer aus den verschiedensten Branchen zum Austausch in kleiner Runde. Ein Format, das bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern gut ankam.
Schon bei der Vorstellung wurde deutlich, was viele Unternehmen derzeit beschäftigt: der Personalmangel. Selbst Unternehmen, die schon weltweit nach Fachkräften suchen, sehen sich einer größer werdenden Kon-kurrenz um die besten Talente ausgesetzt. Der schlechte Ruf Sachsens durch ausländerfeindliche Ausschrei-tungen und hohe Wahlergebnisse für rechtsextreme Parteien erweist sich dabei als echte Herausforderung. Mehrfach wurde betont, dass es umso wichtiger sei, ein positives Bild von einem weltoffenen Sachsen zu zeichnen. Denn Erfolgsgeschichten gelungener Integration gebe es viele. „Die Mehrheit ist weltoffen, aber die Minderheit ist oft lauter“, hieß es. Gerade deshalb sei es wichtig, positive Botschaften zu senden. Das geschehe zum Beispiel über Veranstaltungen, wie das von der Cellex-Stiftung organisierte Fest „Dresden isst bunt“, das in diesem Jahr auf der Augustusbrücke stattfindet.
Manche Unternehmer/-innen berichteten auch, dass sich Mitarbeiter/-innen während der Pandemie zu-nehmend radikalisiert hätten. Sie seien von Unternehmensseite nur schwer mit Argumenten erreichbar. Aus den Schilderungen wurde deutlich, wie sehr Unternehmen soziale Ort sind, die nicht außerhalb des politi-schen Raums stehen. Manche Geschäftsführer/-innen fühlen sich in dieser Situation herausgefordert, zu (re)agieren und offensiver Stellung zu beziehen, obwohl sie sich sonst möglicherweise weniger politisch ge-äußert hätten.
Hier knüpfte der Impuls von Prof. Daniel Kinderman an, der an der Universität Delaware (USA) Politikwissen-schaft und internationale Beziehungen lehrt. Er möchte Unternehmen dazu bewegen, Stellung zu beziehen. Kinderman beobachtet den Verein Wirtschaft für ein weltoffenes Sachsen schon länger und sieht in ihm einen der ganz wenigen Wirtschaftsverbände, die aktiv für die Demokratie einstehen. Häufig investierten Unternehmen in autokratisch regierten Ländern und machten dort gute Geschäfte. Dadurch würden Inves-tor/-innen autokratische Regime eher stützen, als dass sie für Demokratie und bürgerliche Freiheiten eintre-ten würden. Andere Unternehmen vermieden es mit Verweis auf politische Neutralität gänzlich sich gesell-schaftspolitisch zu äußern. Unternehmen müssten sich aber klar machen, welche Werte sie vertreten und wo ihre „red lines“ sind, wo also Grenzen überschritten werden, die inakzeptabel sind. Auch Kinderman plä-dierte dafür, dass sächsische Mentalität und Weltoffenheit keine Widersprüche sind.
Ein Kenner sächsischer Mentalitäten ist Dirk Neubauer, Bürgermeister, Autor und designierter Landrat im Landkreis Mittelsachsen, beim Unternehmerfrühstück als Gast geladen. Aus seiner Sicht werden Erfahrun-gen der Deprivation während der DDR und in der Nachwendezeit von Generation zu Generation weiterge-geben. So würden geringes Vertrauen und Ablehnung gegenüber der Politik auch auf jüngere Menschen übertragen. Die Politik habe hier überzogene Erwartungen bei Bürgerinnen und Bürgern geweckt, dass man sich schon um alles kümmern werde. Stattdessen müsse mehr selbstwirksames Handeln und zivilgesell-schaftliches Engagement gefördert werden.