Sachsen ist ein Einwanderungsland und das ist gut so

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Gastbeitrag von Robert Czaikowski

Den Freistaat im Osten des Landes und in der Mitte Europas prägt eine prosperierende Wirtschaftsstruktur. Viele Hidden Champions, gut aufgestellte mittelständische Unternehmen und einige Konzerne sind die berufliche Heimat vieler Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Die Menschen sind mehrheitlich gastfreundlich und weltoffen.

Derzeit stehen die Sachsen den Zuwanderern aus der Ukraine hilfsbereit zur Seite. Die Wahrnehmung in der Öffentlichkeit, auch außerhalb Deutschlands, ist leider eine andere. Um diese nachhaltig zu verbessern, ist die Zivilgesellschaft in all ihren Facetten gefordert. Es bedarf dafür des privaten, sozialen, politischen und nicht zuletzt unternehıneıischen, beherzten und eindeutigen Engagements der vielen. Und gefragt sind moderne politische Entscheidungen, die das Willkommen in Sachsen dynamisch befördern. Der diskursreiche Meinungsaustausch charakterisiert die offene Gesellschaft und ist eine der Grundlagen für Veränderungen. Die Akzeptanz anderer Kulturen und Ansichten ist eine Voraussetzung für das respektvolle Zusammenleben. Das Gleichheitsgebot im Grundgesetz von 1949 spiegelt uns die heutige Aufgabe: allen Menschen die gleichberechtigte Teilhabe arı unserer Gesellschaft zu ermöglichen. Teilhabe und Integration der Menschen mit internationalen Erfahrungen befördern Vielfalt. Antidiskriminierung, bereichern unser Land, sichern Wohlstand und Frieden für unsere Kinder und Enkelkinder. Ziel muss die selbstverständliche Zusammenarbeit zwischen Irina aus Kiew, Samer aus Damaskus und Franziska aus Leipzig sein. 73 Jahre nach Verabschiedung des Grundgesetzes ist beim Abbau struktureller Hindernisse für Menschen, die „nicht von hier“ sind, noch viel Luft nach oben.

Die aktuellen Ergebnisse des Sachsen-Monitors lassen insofern aufatmen, dass menschenfeindliche Einstellungen gegenüber den Erhebungen von 2018 deutlich um16 Prozentpunkte gesunken sind.
Allerdings sind bei 15 Prozent der Menschen diese Einstellungen verfestigt. Diese Minderheit verschafft sich extrem, rücksichtslos, lautstark und unverhältnismäßig Gehör. Deshalb ist es eine gesellschaftspolitische Notwendigkeit. in die politische, historische und mediale Bildung zu investieren. Für viele Unternehmen ist das bereits gelebte Praxis. So kann die Resilienz gegenüber antideımokratischen Einstellungen gestärkt werden.

Fachinfonnationszentren beraten

Die Situation auf dem Arbeitsmarkt verschärft sich mit hoher Dynamik.
Weltoffenheit ist ein Standortfaktor, denn Sachsens Wirtschaft braucht Zuwanderung.
Unternehmen benötigen heute deutluch länger um frei Stellen zu besetzen. Deshalb sind sie offener für Arbeitskräfte aus dem Ausland. Ohne Zuwanderung werden sie nicht bestehen. Konzerne und große Mittelständler haben das Potenzial längst erkannt und feiern den Erfolg diverser Teams. Bei kleinen Unternehmen und sächsischen Verwaltungen ist zuweilen Überzeugungsarbeit notwendig. Für die Arbeitsintegration sind mehrere Faktoren wichtig. Es sind vor allem die gesetzlichen Rahmenbedingungen, eine leistungsfähige Verwaltung sowie klare Positionen bei der Unternehmensleitung.

Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz, seit 2020 Bundesgesetz, verbessert bereits die Bedingungen der Arbeitsaunahme für internationale Fachkräfte. Die Fachinformationszentren Zuwanderung verbuchen steigende Nachfragezahlen von Unternehmen und Ausländerbehörden. Insbesondere für das beschleunigte Fachkräfteverfahren. Bei der Novellierung sollten die rechtlichen Voraussetzungen z. B. für die Einreise zur Ausbildungsplatzsuche niedrigschwelliger angelegt werden. Die Abschlussanerkennung vor der Einreise ist zu justieren und die Einreise sollte mit einem Arbeitsvertrag für eine qualifizierte Tätigkeit möglich sein. Die größten Hürden liegen in der Anerkennung der Berufsqualifikationen. Darüber hinaus muss in die personelle Ausstattung von regionalen Ausländerbehörden und in Anerkennungsstellen investiert werden. Der Freistaat Sachsen braucht das unternehmerische Engagement für Weltoffenheit und überzeugte Belegschaften in den Dienstleistungs-, Industrie und Handwerksbetrieben, die das bestätigen. Es braucht das politische Bekenntnis dazu, dass wir ein attraktives Einwanderungsland sind. Das Fachkräfte-Standortrnarketing muss Handlungsprinzip im Freistaat werden, sonst kann der Wohlstand in Sachsen nicht gesichert werden. Die Länder mit lntegrationsgesetzen sind bedeutend erfolgreicher bei der Erwerbsmigration. Sachsen wird als fünftes Bundesland ein lntegrationsgesetz verabschieden, das ist weitsichtig. Das neue Sächsische lntegrations- und Teilhabegesetz (SlTG) kann zu einem wesentlichen lntegrationsinstrument werden, wenn es einen signifikanten Mehrwert abbildet und Gestaltungsraum für die Zukunft bietet. Es muss ein funktionierendes Integrationsmanagement im Freistaat ermöglichen und damit eine Ertüchtigungsgrundlage für die Integration von Menschen in der gesamten Gesellschaft sein. Das ist nicht zum Nulltarif erreichbar. Die Öffnung des Arbeitsmarktes ist DER entscheidende Schlüssel für gelingende Integration und muss ausdrücklich mit eigeneın Passus im Gesetz fixiert werden: Menschen mit ausländischer Herkunft sind als ein wichtiges Potenzial in der Arbeitswelt zu betrachten.

Das Bruttoinlandsprodukt wird bereits heute signifikant durch ausländische Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen erarbeitet. Im weltweiten Wettbewerb um die High Potentials und alle darüber hinaus dringend benötigten Kräfte sollte Sachsen der beste Standort für jeden und jede Familie sein.

Verbindliche Lösungen nötig

Für die dauerhafte Bindung ausländischer Beschäftigter müssen Lösungen für Familienangehörige aufgezeigt werden. Dazu benötigen die Unternehmen die aktive Förderung der Integration in Arbeit. Bestehende und gut funktionierende Arbeitsmarktstrukturen zur Integration heißt es zu verstetigen. Die Beschäftigungsfähigkeit von Zuwanderern ist nachhaltig zu stärken. Der Willen der Unternehmen, in demokratische Bildung für die Belegschaften zu investieren, ist anzuerkennen. Damit werden Integrationsprozesse erleichtert und die Offenheit der Belegschaften für kulturelle Vielfalt wirkt auf die gesamte Gesellschaft.

Mit dem SITG lässt sich auch die interkulturelle Öffnung der Landes- und Kommunalverwaltungen forcieren. Eine landes- und Kommunalverwaltung, die als Vorbild und Modellarbeitgeber für die Erwerbsmigration agiert, trägt der kulturellen Vielfalt am Arbeitsmarkt und dem Zielen des Gesetzes Rechnung. Die Landes und Kommunalverwaltungen sollten ihren Willen zur Erhöhung des Beschäftigtenanteils von Menschen mit ausländischen Wurzeln ebenso gesetzlich verankern wie die Entwicklung interkultureller Kompetenzen der Bediensteten in den Verwaltungen. Das wertschätzende Miteinander in der Arbeitswelt und Weltoffenheit als Handlungsmaxiıne der Kommunal- und Landesverwaltung hat maßgeblichen Einfluss auf die Akzeptanz aller Bürger. Wenn Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Behörden das Willkommen leben, kann Sachsen ein gutes Einwanderungsland werden.

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