Pressemitteilung „Vielfalt in den Betrieben ist die gelebte Normalität in Sachsen“

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Unter dem Titel „Normalität Vielfalt!? Neue Mitarbeiter finden und binden“ luden am Montag, dem 10. September 2018, der Verein Wirtschaft für ein weltoffenes Sachsen e. V. und das bundesweite NETZWERK Unternehmen integrieren Flüchtlinge in die Industrie- und Handelskammer Chemnitz. Ziel war der Austausch von Wirtschaft und Politik zur Integration von Geflüchteten in Arbeit und Ausbildung, an dem sich über 50 Unternehmen beteiligten. 

Die Wirtschaft fordert Planungssicherheit

Oliver Schenk, Chef der Sächsischen Staatskanzlei und Staatsminister für Bundes- und Europaangelegenheiten, stellte sich den drängenden Fragen von Unternehmerinnen und Unternehmern der Region, die Geflüchtete beschäftigen. Vor allem die fehlende Planungssicherheit durch Abschiebungen wurde von den Unternehmen als problematisch eingestuft.

„Die Vielfalt in den Betrieben ist die gelebte Normalität“, betonte IHK-Hauptgeschäftsführer Hans-Joachim Wunderlich eingehend. Jedes vierte Unternehmen in Sachsen beschäftige bereits Ausländerinnen und Ausländer. Gleichzeitig habe weiterhin jedes zweite Unternehmen offene Stellen zu besetzen und spüre den Fachkräftemangel. Umso wichtiger sei die schnelle Integration von Geflüchteten in den Arbeitsmarkt.

Marlene Thiele, Projektleiterin vom NETZWERK Unternehmen integrieren Flüchtlinge, berichtete, dass die rechtliche Unsicherheit auch Unternehmen in anderen Regionen in Deutschland beschäftigt. Gleichzeitig lobte sie die Offenheit vieler Unternehmen, die beispielsweise bei der Personalauswahl mit Praxistests und flexiblen Kennenlern-Situationen neue Wege zur Einschätzung der Kompetenzen gehen.

Aus der Praxis berichtete Matthias Ahnert, Geschäftsführer der Syskom GmbH in Chemnitz, von seinen langwierigen Bemühungen eine neu gewonnene Fachkraft im Betrieb zu halten: „Die Duldungszeiträume werden immer kürzer und die Unsicherheit für uns als Betrieb und vor allem für den Menschen wächst mit jedem Tag.“

Marco Rutzke, Geschäftsführer der NetTask GmbH und Vorstandsmitglied des Vereins Wirtschaft für ein weltoffenes Sachsen, bekräftigte die Forderung, bereits integrierten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern aus dem Ausland eine langfristige Bleibeperspektive zu ermöglichen. „Der Großteil unserer Vereinsmitglieder beschäftigt bereits ausländische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und empfindet diese als große Bereicherung für die Belegschaften und die Unternehmenskultur.“

Oliver Schenk, Staatsminister für Bundes- und Europaangelegenheiten und Chef der Staatskanzlei

Staatsminister Schenk fasste schließlich zusammen: „Die Integration von Migranten und von Flüchtlingen gelingt am besten durch einen Arbeitsplatz.
Hier lernen Deutsche und zu uns gekommene Menschen ganz praktisch voneinander: Das geht bei der Sprache los und geht bis hin zu einem gemeinsamen Verständnis von Kultur und Lebensweisen. Dass die sächsische Wirtschaft schon viel tut – auch im bestverstandenen Eigeninteresse –, zeigt die Arbeit des Vereines „Wirtschaft für ein weltoffenes Sachsen“ und der IHK Chemnitz ganz eindrucksvoll. Ich nehme aus der heutigen Veranstaltung auch die Punkte mit, an denen die Unternehmerinnen und Unternehmer sich von der Politik noch mehr Unterstützung bei der Frage der Ausbildung von Migranten wünschen, z. B. in der Frage eines Zuwanderungsgesetzes oder mehr Unterstützung durch die Behörden bei der schnellen Anerkennung von Zeugnissen.“

Deutscher Standard ist nicht Nonplusultra

Im Anschluss entwickelten die Teilnehmenden in Kleingruppen Ideen, wie man am besten mit möglichen neuen Mitarbeitern in Kontakt kommen kann. Neben der Übersetzung der Stelleanzeigen in verschiedene Sprachen und deren Publikation auf internationalen Portalen rückten auch zivilgesellschaftliche Initiativen in den Fokus der Unternehmen, um Kontakte zu Bewerbern herzustellen. Die örtlichen Sprachschulen, Willkommensinitiativen sowie Arbeitsmarkmentoren oder Anerkennungsstellen stehen in engem Kontakt mit Geflüchteten und können bei der Erstellung von Bewerbungsunterlagen behilflich und sie können Unternehmer und Bewerber bei den ersten Schritten der betrieblichen Integration unterstützen.

Des Weiteren wurde überlegt, wie man den Bewerbungsprozess anders gestalten kann, um bei der interkulturellen Personalauswahl erfolgreich zu sein. Dabei wurde hervorgehoben, nicht immer die „deutschen Standards“ anzulegen, da der sehr formelle Auswahlprozess bei Migranten oft nicht bekannt ist. Mit Praxistests, den richtigen Fragen und dem Fokus auf den „soft skills“ können die Kompetenzen oft besser eingeschätzt und neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gewonnen werden.

In Bezug auf die rechtlichen Rahmenbedingungen hoben die Teilnehmenden hervor, dass es wichtig ist auf den Status der geflüchteten Person zu achten und guten Kontakt zur Ausländerbehörde zu halten, damit Anträge schnell bearbeitet werden.

Die große Teilnehmerzahl zeigte auf ein Neues, dass die Worte von Hans-Joachim Wunderlich stimmen: Unternehmen in Sachsen leben Vielfalt im Alltag und zeigen eine hohe Bereitschaft, Menschen aus anderen Ländern in ihren Betrieben zu integrieren. Es liegt in den Händen der Politik, die Rahmenbedingungen entsprechend anzupassen und den Unternehmen viele Steine aus dem Weg zu schaffen.

Hintergrund

Das NETZWERK Unternehmen integrieren Flüchtlinge ist deutschlandweit der größte Zusammenschluss von Unternehmen, die sich für die Beschäftigung von Geflüchteten engagieren. Es bietet auf viele Fragen rund um die Integration von Geflüchteten Antworten mithilfe von bundesweiten Veranstaltungen, Webinare und Publikationen mit aktuellen und praxisrelevanten Informationen.

Der Verein Wirtschaft für ein weltoffenes Sachsen e.V. engagiert sich mit dem Ziel, ein Netzwerk mit einem klaren Bekenntnis für ein weltoffenes und internationales Sachsen aufzubauen. Wir verstehen uns als Dachmarke der sächsischen Betriebe und möchte eine Plattform schaffen, die den Austausch über Wege der Integration von Zuwanderern und Zuzüglern ermöglicht.

Die IHK Chemnitz vertritt die Interessen für über 70.000 Unternehmen in der Region Südwestsachsen. Wir sind Mitglied im NETZWERK Unternehmen integrieren Flüchtlinge und im Verein für ein weltoffenes Sachsen e.V. Darüber hinaus setzen wir uns für Demokratie, Weltoffenheit, Toleranz und Rechtstaatlichkeit ein und unterstützen verschiedene Organisationen, die sich für die Integration von Zuwanderern engagieren.

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