Eine Gruppe von CDU Abgeordneten im sächsischen Landtag liebäugelt nach der Landtagswahl 2019 mit Sondierungsverhandlungen mit der AfD. So harmlos wie das Wort „liebäugeln“ klingt, so dramatisch ist diese Tatsache für alle demokratischen Kräfte im Land Sachsen. Und nicht jede demokratisch gewählte Partei ist auch eine demokratische Kraft.
Der Verein Wirtschaft für ein weltoffenes Sachsen arbeitet seit 2016 und will einen konkreten Beitrag zu mehr Wirtschaftsleistung in Sachsen leisten. Das Wirtschafts-Netzwerk mit dem klaren Bekenntnis für ein weltoffenes und internationales Sachsen setzt sich für die Arbeits-Integration von Zuwanderern ein. Der Verein will außerdem die Reputation der sächsischen Wirtschaft auf nationaler und internationaler Ebene verbessern. Für die Sicherung des Wohlstandes in Sachsen ist die Offenheit gegenüber ausländischen Fachkräften existenziell. Der Bedarf nach gut ausgebildeten Mitarbeitern ist nicht mehr allein durch eigene Auszubildende oder Arbeitslose zu decken. Darüber hinaus sind weite Teile der sächsischen Wirtschaft vom Exporterfolg abhängig. Das selbstverständliche Bekenntnis zur Internationalität im Freistaat bildet damit die Grundlage für den wirtschaftlichen Erfolg sächsischer Unternehmen und den Wohlstand jedes einzelnen Mitarbeiters – mithin jedes einzelnen Bürgers.
Für das Bekenntnis zu Weltoffenheit und Internationalität braucht es Haltung! Die von Unternehmern, die der Bürger, die des Ministerpräsidenten des Freistaates Sachsen Michael Kretschmer und nicht zuletzt der CDU Fraktion im Landtag. Den klaren Worten von Michael Kretschmer, jeglicher Zusammenarbeit mit der AfD eine Abfuhr zu erteilen und gleichfalls für Weltoffenheit zu werben, ist eigentlich nichts hinzuzufügen. Umso bemerkenswerter ist die Diskussion darum, dies aus der Fraktion heraus ändern zu wollen. Oder will man „die Grenzen des Sag- und Machbaren“ ausloten und eventuell sogar bewusst verschieben, wie es der ins Spiel gebrachte zukünftige Sondierungspartner immer wieder tut. Eine Abkehr von ungeschriebenen politischen Konventionen, den soliden Leitplanken der Demokratie, führt leider meist in eine Sackgasse. Demokratien schützen sich gut gegen Angriffe von außen. Beim Schutz nach innen, ist noch Luft nach oben. Was einmal demokratisch legitimiert ist, kann der Demokratie merklich schaden. Beispiele dafür gibt es nicht nur in Teilen Osteuropas. Es schwächt die Demokratie, wenn Demokraten populistisch agieren. Toleranz gegenüber Populisten ist ein Zeichen von Schwäche und sie sollte für jede demokratisch agierende Partei ein Tabu sein.
Wir können beklagen, dass Sachsen als Hort braunen Gedankengutes immer wieder beschimpft wird. Der Verein Wirtschaft für ein weltoffenes Sachsen setzt sowohl rechten Tendenzen als auch der Berichterstattung darüber eine klare Positionierung entgegen. Das Gedankenspiel, eine Regierungssondierung mit Populisten zu erwägen, bestätigt alle Vorurteile gegenüber Sachsen und ist nicht hilfreich.
Unser Appell gilt allen demokratischen Parteien im Land. Eine institutionalisierte „Feindbetrachtung“ zwischen den Parteien und die Wahlkampf-typischen, reflexhaften Aufschreie bei Fehlern des politischen Gegners helfen nicht weiter. Das Gegenteil ist der Fall. Wenn die Parteien ihren wahlpolitischen Vorteil vor allem in der Schwächung des Spitzenkandidaten ihres Wettbewerbers sehen, machen sie sich zu Komplizen der Populisten. Der politische Streit über die beste Lösung ist legitim und erwünscht. In Unternehmen führt die sachliche Diskussion konträrer Ansätze in der Mehrzahl der Fälle zu einem Erfolg versprechenden Ergebnis.
Der Wähler erwartet Lösungen für die Aufgaben im Land. Im Fokus der Bürger stehen beispielsweise ausreichende Lehrer für eine gute Bildung, bezahlbare Pflege, Digitalausbau für schnelles Internet, eine gute Infrastruktur, genügend Polizisten für die Sicherheit – alles Punkte, die in der letzten Legislaturperiode auf der Agenda der Regierenden in Sachsen standen. Die gute ärztliche Versorgung ist auch ein Schwerpunktthema der Bürger in Sachsen. Die funktioniert im Übrigen nur, weil ausländische Ärzte im Freistaat arbeiten. Gegenwärtig haben 16,5 Prozent der Ärzte an sächsischen Krankenhäusern keinen deutschen Pass. 80 Prozent unserer Mitglieder beschäftigen ausländische Mitbürger und sie erleben tagtäglich die konstruktive Zusammenarbeit zwischen Mitarbeitern aus Sachsen und dem Ausland auf Augenhöhe.
Den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu fördern, für ihn zu werben und Lösungen für die Zukunft aufzuzeigen ist die Aufgabe im Wahlkampf. Der sachliche Diskurs für die beste Lösung ist dabei durchaus notwendig und erwünscht.
Die Parteien rufen wir deshalb zu einer breiten prodemokratischen Koalition auf, die über partielle Parteiinteressen hinausgreift. Dafür gibt es drei Gründe. Erstens wird die Aufgabe des Bürgers ernst genommen, eine machbare Vision für den Freistaat Sachsen zu zeichnen. Zweitens üben sich die Wahlkämpfer schon mal an den politischen Realitäten nach der Wahl. Und drittens stärkt ein breites Bündnis die Demokratie und es schwächt das Versprechen populistischer „Einfachlösungen“ für komplexe Herausforderungen.
Wählen zu gehen ist ein Grundrecht und keine Pflicht mehr – das ist gut so. Dieses Recht aktiv wahr zu nehmen, ist urdemokratisch. Wir hoffen folglich auf hohe Wahlbeteiligungen – zu jeder Wahl. Bestenfalls ist der Wähler durch die Parteiprogramme oder den direkten Austausch mit den Kandidaten in seinem Wahlkreis gut informiert. In den Bürgerbüros der Abgeordneten oder in Ministersprechstunden sind Politiker offen für die Anregungen der Bevölkerung – vor jeder Wahl und nach jeder Wahl. Hier lässt sich leicht erkennen, wer es mit dem Lösen von Aufgaben erst meint. Und auch welche Lösungen für die Lebenssituation des Wählers am besten passen. Die Gründe dafür, wählen zu gehen, liegen klar auf der Hand. Erstens die Beteiligung an politischer Meinungsbildung der Parteien. Zweitens die Verringerung der immer wieder beklagten Kluft zwischen den Bürgern und ihren Politikern. Und drittens stärkt eine breite Wählerbeteiligung die Demokratie.
Seit fast 30 Jahren ist Sachsen Teil eines demokratischen und wohlhabenden Deutschlands. Dass die Menschen in Deutschland, auch in Ostdeutschland, mehrheitlich im Wohlstand leben, kann jeder erkennen, indem er auf die Lohnstrukturen unserer östlichen Nachbarländer blickt.
Dass wir in Freiheit leben und der Rechtsstaat funktioniert ist Vielen eine Selbstverständlichkeit. Demokratie ist keine Einbahnstraße, sie ist komplex und nicht immer ist es einfach, Kompromisse zu finden. Aber die Demokratie ist auch das fairste und vernünftigste politische System. Wir laden alle Spitzenkandidaten der Parteien zu einer gemeinsamen Diskussion ein und nehmen dabei insbesondere die Wirtschaftspolitik in den Blick. Der lösungsorientierte Diskurs zu den Rahmenbedingungen für sächsische Unternehmen und ihrer Mitarbeiter ist dabei von besonderem Interesse.
Demokratie entsteht aus der Gesellschaft heraus und funktioniert nur mit gesellschaftlichem Rückhalt und Zutun des Einzelnen.
Dafür braucht es Haltung und vernünftig agierende Wahlkämpfer!
von Andreas von Bismarck und Sylvia Pfefferkorn